19. April 2024 Timo Hörske - persönlicher Blog

Der Fall Böhmermann

Lange habe ich mich mit einem Kommentar zum Fall Böhmermann zurück gehalten, doch die nachfolgenden Entwicklungen zeigen wie falsch die Entscheidung der Bundesregierung im Fall Böhmermann aus meiner Sicht war. Worum geht es aber eigentlich?

Gucken wir uns eine Umfrage im Auftrag der ARD an:
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Eine Beleidigung mit juristischen und politischen Folgen

Der Fall Böhmermann ist in aller Munde. Auslöser war ein  Gedicht des Satirikers Jan Böhmermann auf die Person des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Letzterer nahm dies zum Anlass, sich an die Bundesregierung zu wenden, damit diese strafrechtliche Ermittlungen gegen Jan Böhmermann einleitet.

Der Schahparagraph ((https://de.wikipedia.org/wiki/Beleidigung_%28Deutschland%29))

20160525_163159In der Tat könnte das Schmähgedicht den Tatbestand des § 103 Strafgesetzbuch ((https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/stgb/gesamt.pdf)) erfüllen. Diese auch als Schahparagraph im Volksmund so bezeichnete Vorschrift regelt die Strafbarkeit der Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter. Der Sanktionsrahmen liegt hier grundsätzlich bei einer Geldstrafe oder einer Freiheitstrafe bis zu drei bzw. fünf Jahren im Falle einer verleumderischen Beleidigung. Eine Besonderheit ist, dass gem. § 104 a Strafgesetzbuch Voraussetzung für die Strafverfolgung eine entsprechende Ermächtigung der Bundesregierung ist.

Ermächtigung erteilt

Die zur Verfolgung Böhmermanns nach § 103 StGB benötigte Ermächtigung hat die Bundesregierung am 15, April erteilt. Nach Beratungen mit dem Kanzleramt, Auswärtigem Amt, dem Justiz- und Innenministerium war die Entscheidung nicht eindeutig. Die Abstimmung hatte einen Patt zur Folge, die nur mit der Stimme der Bundeskanzlerin zur Ermächtigung erfolgte. Alle SPD geführten Ressorts waren gegen die Erteilung einer Ermächtigung.

Verlangen nach Abschaffung des Schahparagraphen

Die Ermächtigung zur Strafverfolgung ist erteilt worden; gleichzeitig wird aber ernsthaft über die Abschaffung dieser Vorschrift diskutiert. Insoweit stellt sich die Frage, wie dies alles zusammenpasst. Die ganze Angelegenheit ist natürlich ein Politikum. Wohl mit Rücksicht auf den umstrittenen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Jan Böhmermann erteilt. Eine Verurteilung dürfte gleichwohl nicht im Interesse der Bundesregierung liegen und käme ohnehin bei einer Abschaffung dieser Vorschrift nicht mehr in Betracht. Sicherlich kann auch ein ausländisches Staatsoberhaupt im Falle einer Beleidigung ein Interesse an einer Strafverfolgung haben. Dennoch mutet aus juristischer Sicht die Vorschrift des § 103 Strafgesetzbuch antiquiert an. Es spricht nichts gegen dessen Abschaffung, zumal die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes gegebenenfalls über den Beleidigungstatbestand des § 185 Strafgesetzbuch geahndet werden könnte.

Erdogan teilt weiter aus

Die Motivation der Kanzlerin hinter der Ermächtigung hat sie nie öffentlich erklärt, es bleiben nur Mutmaßungen übrig. Nach einem Treffen der Ministerpräsidenten der Länder in Berlin räumt Angela Merkel am 22. April auf Nachfragen der Presse hin ein, dass sie sich darüber ärgere, das Gedicht kurz nach der Veröffentlichung als “bewusst verletzend” bezeichnet zu haben, da damit der Eindruck entstanden sei, ihre persönliche Einschätzung des Gedichts zähle hier. Dies sei rückblickend ein Fehler gewesen. Doch die falsche Rücksichtsnahme auf Erdogan hat diesen dazu veranlasst seine Forderungen gebenüber der Europäischen Union zu verschärfen und seinen Verpflichtungen nicht nachzukommen. Die Einhaltung von Menschenrechten insbesondere der Pressefreiheit schränkt der Präsident der Türkei noch weiter ein.

Ich bin der Überzeugung, dass auch der Umgang der Kanzlerin mit dem Fall Böhmermann zu diesem Verhalten beiträgt.

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