29. März 2024 Timo Hörske - persönlicher Blog
Hass und Hetze im Internet

Hass und Hetze im Internet aus strafrechtlicher Sicht

Vor allem im Internet und in sozialen Medien wird seit geraumer Zeit eine Zunahme von aggressiven und beleidigenden Äußerungen festgestellt. Gegen das Verbreiten von Hass und Hetze gibt es verschiedene gesellschaftliche und politische Vorhaben und Ansätze um gegen das sogenannte „Hatespeech” vorgehen zu können.

Als eine Maßnahme wird in diesem Kontext regelmäßig empfohlen, Strafanzeige zu erstatten. Es gilt das Credo: eine Anzeige zu viel sei besser als eine zu wenig. Die Begriffe Hass und Hetze finden ausdrücklich im Straftatbestand der Volksverhetzung Verwendung, nach § 130 StGB (Strafgesetzbuch). Unter Strafe gestellt ist hierbei, gegen „eine nationale, rassistische, religiöse oder auch durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung“ zum Hass aufzufordern. Geschieht dies in einer Weise, die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören, ist der Straftatbestand nach § 130 StGB erfüllt.

Hass ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung definiert als „eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betreffenden Bevölkerungsteil“ (vgl.  Bundesgerichtshof ((http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/1/93/1-179-93.php)) ).

Einer genauen Betrachtung bedarf es, wie die Grenze zu ziehen ist, ab welchem Punkt ein Aufstacheln zum Hass vorliegt. Es bedarf einer genaueren Betrachtung des jeweiligen Einzelfalles. Nach einschlägigen Gerichtsentscheidungen wird das Aufstacheln zum Hass dann bejaht hinsichtlich des Verbreiten einer Schrift, die sich beispielsweise „gegen alle Asylbewerber in der Bundesrepublik“ wendet und jene „pauschal als Schmarotzer, Betrüger und Straftäter“ bezeichnet (Oberlandesgericht Frankfurt ((https://www.jurion.de/urteile/olg-frankfurt_am_main/1994-05-11/2-ss-413_93)) ).

Im genannten Beispiel soll die „Verunglimpfung der Asylbewerber“ nur dazu dienen, „in der Bevölkerung vorhandene Vorbehalte und Ängste gegenüber den bei uns lebenden Migranten in Fremdenfeindlichkeit und Fremdenhass zu verwandeln“.

Wichtig zu betonen ist es, dass eine sachliche, wahrheitsgemäße Berichterstattung in keinem Gerichtsurteil als Aufstacheln zum Hass angesehen werden kann, auch wenn dies in tendenzielle Absicht erfolgte und geeignet sein kann, ein feindseliges Klima gegen einen Teil der Bevölkerung zu schaffen. Es muss also folglich differenziert werden, ob eine unwahrheitsgemäße Verunglimpfung vorliegt oder aber „nur“ eine mindestens tendenziell feindselige Aussage anzunehmen ist.

Es gibt jedoch weitere Straftatbestände, die mit durch Hass motivierten Äußerungen typischerweise verwirklicht werden können. Dazu zählen Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB), Nötigung (§ 240 StGB), Bedrohung (§ 241 StGB) und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB).

Durch das „Gesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des NSU Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages“ stellt „Hass“ seit dem 1. August 2015 als gruppengerichtete Tatmotivation im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches ab.

Grenzen des Strafgesetzbuches – Es gibt kein Gesinnungsstrafrecht

Hass und Hetze im Internet
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Nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB ist im Rahmen der Strafzumessung also relevant ob rassistische oder fremdenfeindliche Beweggründe des Täters für den Sachverhalt vorhanden sind. Mit der Gesetzesänderung sollte Hass- und Vorurteilskriminalität stärker bekämpft werden.

Das geltende Strafrecht als Tatstrafrecht knüpft die Strafbarkeit an Handlungen, nicht allein an Meinungen, Überzeugungen oder die Persönlichkeit des Täters. Das geltende Strafrecht ist kein Gesinnungsstrafrecht. Also können Gedanken und Meinungen für sich Einzeln genommen nicht strafrechtlich relevant sein, es gilt Gedanken sind straffrei – „Cogitationis poenam nemo patitur“. Aus moralischen Gründen kann Hass abgelehnt werden, dieser ist jedoch nicht per se strafbar. Ob eine Äußerung als Hetze die Qualifikation zu Hass nach dem StGB erfüllt sagt nichts über deren strafrechtliche Relevanz aus. Nach dem rechtsstaatlichen Grundsatz „nullum crimen sine lege“ – keine Strafe ohne Gesetz (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) – ist es erforderlich, dass sämtliche Tatbestandsmerkmale für ein bestimmtes Delikt in Bezug auf Handlung und Täter vorhanden sein müssen.

Das Strafrecht ist die stärkste Sanktionsmöglichkeit des Staates, sie kann daher nur dazu dienen als ultima ratio bestimmte grenzüberschreitende Erscheinungsform von Hetze als Symptom von Hass zu bekämpfen. Als grundlegendes Mittel gegen Hass und seinen Ursachen ist es aber kaum geeignet. Es ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe Hass und Hetze im Internet, durch ein entschiedenes Auftreten dagegen, nicht zuzulassen.

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